Kamishibai - Bildertheater

interaktives, generationsübergreifendes Vorlesen und Lesen

Institution
Öffentliche Gemeinde- und Schulbücherei Lessach
ProjektleiterIn
Elisabeth Krug
Kategorie
Kategorie 3: Kindergärten, Bibliotheken, Gemeinden und andere außerschulische Institutionen und Vereine sowie alle Partnerprojekte (z. B. Kindergarten –Volksschule)
Gruppengröße
15

1. Projektbeschreibung (Ziele, Ablauf, Schwerpunkte)

Kurzbeschreibung
Kurzbeschreibung: Für die 40-Jahrfeier der Öffentlichen Bücherei Lessach, deren Gründung in die Anfangszeit meiner Tätigkeit als Lehrerin (fünf Jahre später auch Direktorin) der örtlichen Volksschule fiel und die auf meine Initiative erfolgte, wurde ein Kamishibai, eine Holzbühne für Bilder, angeschafft. Meine Aufgabe war, im Rahmen der Feierlichkeiten einen Abschnitt für Kinder zu gestalten und das Kamishibai zu bespielen. Nun war ich in meiner aktiven Zeit als Pädagogin (1972 - 2000 an der VS Lessach) bekannt dafür, selbst geschriebene (meist gereimte) Kindertheaterstücke bei verschiedenen Anlässen aufzuführen. Deshalb verfasste ich voller Freude die Geschichte "Hexe Rolli fliegt und siegt" und fertigte 17 entsprechende Bildtafeln an. Die vielfältige Weise, wie Kamishibai zum interaktiven Vor - Lesen eingesetzt werden kann, inspirierte mich von Anfang an. Es war eine Freude zu erleben, wie der Funke auf das Publikum (meist gemischt: Kinder und ihre Begleitpersonen, Eltern, Großeltern, Geschwister) übersprang. Deshalb startete ich im Oktober 2015 als Referentin des Salzburger Bildungswerkes mit jeweils einstündigen Workshops an Lungauer Volksschulen unter dem Motto "Kamishibai - Bildertheater, interaktives, generationsübergreifendes Vorlesen und Lesen". Auch bei Kindergartengruppen war das Programm in etwas abgeänderter Form erfolgreich. Der Wunsch nach "mehr" regte sich sowohl bei den Kindern als auch bei den Erwachsenen und ich arbeite bereits an einer Fortsetzungsgeschichte für das kommende Schuljahr.

2. Dauer/Umfang und ProjektteilnehmerInnen

Beginn des Projektes
14. September 2015
Ende des Projektes
30. Juni 2016
In welcher Frequenz lief/läuft das Projekt?
monatlich
Anzahl Kinder
15
davon Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch
2
Alter
None
Schulstufen
bis 4. St.
Extern eingebundene Personen
Pädagogen, Eltern, Großeltern werden fallweise in den Vor-Leseprozess eingebunden. Nach jeder (vor)gelesenen Bildtafel erfolgt ein vertiefender Abschnitt, um einen persönlich erfahrbaren Bezug herzustellen, sei es durch entsprechende Mimik, durch Bewegung oder Nachspielen der dargestellten Situation. So werden Text und Bilder erlebbar gemacht.
Partnerorganisation und Ansprechpartner
Öffentliche Gemeinde- und Schulbücherei Lessach
OSR Elisabeth Krug

3. Inhaltliche Kriterien zur Projekterfüllung

Wie werden Lesekompetenz oder ihre Voraussetzungen durch das Projekt nachhaltig und messbar verbessert?
Wichtig ist, dass sich die Kinder und Erwachsenen in der Gruppe wohl fühlen. Die Anzahl der Teilnehmenden sollte 15 bis 20 nicht überschreiten, da der Sitzhalbkreis vor dem Kamishibai (Kinder vorne, Erwachsene dahinter) ein intimer Vor - Leserahmen bleiben soll. Ideal wäre, wenn in der hinteren Raumhälfte Platz für Bewegung bliebe. Wir sitzen ja nicht während des gesamten Vorlesens ruhig auf den Stühlen, sondern sind zwischendurch in verschiedene Aktvitäten eingebunden. Ein Beispiel dafür ist folgendes Zappelgedicht: "Hände zappeln, Hände zappeln, hinten wackeln, hinten wackeln, alle trampeln, alle trampeln, und jetzt hampeln, und jetzt hampeln." Auf jeden Fall einmal (schneller) wiederholen! Nun fällt es wieder leichter still zu sitzen und aufzupassen. Die Nachhaltigkeit liegt darin, dass die Kinder Lesen als sehr lustbetont erleben und dieses Gefühl für spätere Lesesituationen speichern. Im besten Fall steigert es die Neugier auf weitere Texte und die Bereitschaft, sich diese selbst anzueignen. Ein "Messen" im Sinn von möglichst vielen fehlerlos gelesenen Wörtern oder Sätzen, womöglich mit der Stoppuhr, wäre bei diesem Projekt sinnwidrig, obwohl es in anderem Zusammenhang (Messen der Lesefertigkeit) Berechtigung haben mag.
Wie geht das Projekt auf Kinder mit Leseproblemen ein?
Die Ursachen von Leseproblemen bei Kindern sind äußerst differenziert. Sie können von körperlichen Beeinträchtigungen ausgelöst werden (z.B. Seh- oder Hörschwäche, geistige Behinderung, Krankheiten ...), oft wurzeln sie aber im psychischen Bereich und zeigen sich als Konzentrationsschwäche, Unruhe, Überfordertsein usw., wobei familiäre Verhältnisse und Umwelteinflüsse eine große Rolle spielen. Genauer darauf einzugehen würde in diesem Rahmen zu weit führen. Erwiesen hat sich beim Kamishibai-Projekt, dass es gerade bei Kindern, die Defizite aufweisen, eine positiv Wirkung erzielt. Es fesselt die Aufmerksamkeit, bringt in einer relativ kurzen Zeitspanne eine geschlossene Geschichte nahe, in der sich - zumindest in Teilbereichen - die Kinder wiedererkennen. Der persönliche Bezug spielt eine ganz entscheidende Rolle. Teilnehmende Erwachsene wundern sich manchmal, wie "brav" die Kinder sind, obwohl es bei manchen Aktivitäten durchaus lebhaft zugeht. Weil das Projekt ein Gemeinschaftserlebnis ist, wirkt es sich zudem fördernd auf sonst eher zurückgezogene oder gar ausgegrenzte Kinder aus. Beim Vorlesen durch die Kinder (Stufe 3) ist darauf zu achten, dass die Textpassagen den jeweiligen Fähigkeiten entsprechen. Erfahrungsgemäß überwiegt nach der Vorarbeit durch Stufe 1 und 2 der Wunsch, lesen zu dürfen vor der Hemmung, lesen zu müssen. Damit ist ein wichtiger Schritt in Richtung "LESERATTE" getan.
Was sind die Besonderheiten des Projektes?
KAMISHIBAI stellt für die Zuschauer eine Überraschung dar. Ich verstärke den Eindruck, indem ich die kleine Bühne als "besonderen Fernseher" vorstelle, der etwas bietet, was die modernen Geräte nicht können: Er lässt uns jedes Bild in aller Ruhe betrachten. Dann werden die Flügeltüren geöffnet, der "Vorhang geht auf", das erste Bild (vom "Scheinwerfer" einer Leselampe beleuchtet) erscheint. Schon ist das Interesse geweckt. Die sieben jungen Hexen (Hauptperson in dieser Geschichte ist die Hexe Rolli) sind atypisch gezeichnet mit allen Merkmalen richtiger Kinder samt ihren Gemütsbewegungen, während die fünf Hexentanten die gesetzte Generation, behaftet mit Vorurteilen gegen die Jungen, symbolisieren und der Hexenmeister die absolute Respektsperson darstellt. Hexe Rolli stellt sich sehr ungeschickt beim Flugunterricht mit dem Hexenbesen an, doch sie findet zufällig Rollschuhe, mit denen sie endlich ihre Stärken (in Anlehnung an "Zappelkinder") ausleben kann. Gegen den Widerstand der Alten möchten nun alle Hexen Rollschuh laufen, was sie auf witzige Weise auch verwirklichen. Der Ehrgeiz ist geweckt und gipfelt in einem Rollschuh-Wettbewerb. Jeder will gewinnen und nur der Sieg zählt (sehr aktuell!). Dass Rolli siegt, obwohl ihr linker Rollschuh vor dem Start unauffindbar ist, und das ausgerechnet mit Hilfe ihres Hexenbesens, ist der Clou der Geschichte. Da gibt es viel (kindliche) Emotion und hintergründig versteckt sich ein Seitenhieb auf das übertriebene Wettbewerbsdenken.
Eingesetzte Medien
Das Kamishibai passt in eine Reisetasche. Eine gute Leselampe und ein Verlängerungskabel sind das Zubehör. Die 17 laminierten Bildtafeln in DIN A3 transportiere ich in einer festen Mappe, außerdem habe ich die Geschichte in DIN A4 ausgedruckt und auf jeder Rückseite Ideen zur interaktiven Vertiefung der jeweiligen Textstelle notiert. Da ergeben sich aus der Praxis immer neue Anregungen, abhängig von Alter und Anzahl des Publikums und den räumlichen Gegebenheiten. Dazu nötige Utensilien müssen in der Reisetasche Platz haben, denn bei den Workshops ist Mobilität gefragt. Als Beispiel für das Ineinandergreifen zwischen Vorlesen und Interaktivität, wie es bei jeder Bildtafel stattfindet, führe ich den Beginn der Geschichte an. "Hexe Rolli mag ihn nicht, den Besenstielunterricht." Wie die Hexe Rolli daherkommt und wie sie dreinschaut! Alle ahmen ihre Haltung und ihre Miene nach. Dann werden Vorgaben mit Gestik und Mimik "beantwortet", z.B. Eis schlecken, Rechenstunde, Lesen ... Beim zweiten Bild darf Hexe Rolli auf dem Besenstiel auf keinen Fall zappeln. Ihr dürft das schon! Dazu zitiere ich ein bewährtes Zappelgedicht aus meinem Sprachbastelbuch "Ich bin ein Mann aus Hamsterdam". Und so geht es beim ersten Vorlesen Bild für Bild weiter, damit ein persönlicher, durchaus emotioneller Bezug zur Handlung entsteht. Da die Geschichte auf CD gespeichert ist, könnte sie auch über Laptops oder eine Leinwand vermittelt werden.
Wie garantiert das Projekt, dass alle teilnehmenden Kinder tatsächlich viel lesen?
Das Kamishibai-Projekt ist in 3 Stufen gegliedert, um die Lesemotivation kontinuierlich aufzubauen und um leseschwache Kinder in den Leseprozess einzugliedern. Stufe 1 ist das bereits beschriebene Vorlesen, Bild für Bild, - mit Unterbrechungen, damit durch unterschiedliche, auch intergenerationelle (wenn Erwachsene teilnehmen) Tätigkeiten der Inhalt "hautnah" erfasst und vertieft wird. Stufe 2 - Die Geschichte wird nocheinmal - ohne Unterbrechung wie ein "Film" - vorgelesen, entweder von einem Erwachsenen (Elternteil, Großelternteil, Lehrer ...) oder von einem Schulkind, das sich das zutraut. Stufe 3 - Kinder lesen der Reihe nach jeweils eine Seite des nun schon bekannten, gereimten, bebilderten Textes vor, wobei zu besonderer Betonung (laut, leise, Stimme verstellen,...) ermutigt wird. Wir haben es ja mit einem BilderTHEATER zu tun! Als Abschluss machen wir "Hexexmusik" mit improvisierten Schallquellen und dazu einen "Hexentanz". (Rambazamba Hexentanz, jeder kann's, jeder kann's ...)
Wie wird das Projekt abgeschlossen und evaluiert?
Ich rege dazu an, Kamishibai (aus einer Schachtel in passender Größe selbst gebastelt) als Unterrichtsmittel oder zur Förderung der Kreativität daheim einzusetzen. Dazu bietet die Kombination Bild und Text vielfältige Möglichkeiten. Experimentieren mit dem Bildertheater lohnt sich für Kinder (und Erwachsene) aller Altersstufen. Zeichnungen können mit Texten versehen, kleine Geschichten untermalt und wirkungsvoll präsentiert werden. Da bringen manchmal Kinder, denen man es am wenigsten zutraut, die ausdrucksvollsten Ergebnisse zustande. Nicht Perfektion, sondern die Freude am Gestalten ist gefragt. Hemmungen werden überwunden, da beim Vortragen nicht die Person, sondern die kleine Bühne im Mittelpunkt steht. Begabte Kinder spannen vielleicht einen Bogen über drei, vier oder mehr Bildtafeln. Generell wird die Entwicklung einer bildhaften Sprache gefördert und damit die Ausdruckskraft verbessert. Texte werden anschaulicher. Kinder, die eine andere Erstsprache als Deutsch haben, profitieren, da sie durch die Illustration den Inhalt leichter erfassen, dadurch ihren Sprachschatz und das Sprachverständnis erweitern. Im Endeffekt kommt es darauf an, lustvolle Leseerlebnisse zu ermöglichen, die Anstoß zur Selbsttätigkeit und zu weiteren Leseabenteuern geben.

4. Foto

OSR Elisabeth Krug

5. Sonstiges

Was möchten Sie uns sonst noch mitteilen?
Beginn des Projektes war Schulbeginn 2015. Teilnehmer sind / waren Kinder von Kindergartenalter bis zur 4. Schulstufe. Die Vorträge finden im gesamten Bezirk statt (Unterstützung BSI und Salzburger Bildungswerk). Ich möchte das Projekt im kommenden Schuljahr mit einer Fortsetzungsgeschichte weiterführen. Auch darin wird hintergründig der Wettbewerbs-Wahnwitz aufs Korn genommen. Hexenschwester Holli hatte aus Neid, weil voraussichtlich Rolli das Rollschuhrennen gewinnen würde, den linken Rollschuh versteckt. Das schlechte Gewissen verschlägt ihr die Sprache, sie zieht sich zurück, wird verspottet und gemobbt. Als das Geheimnis gelüftet wird und sich wieder alle vertragen, will sie zwar sprechen, aber sie stottert. (Sprachfehler sind im Vormarsch!) Verschiedene Hilfsangebote scheitern, erst durch Jodeln überwindet sie die Blockade. Am Ende gibt es einen Jodelwettbewerb, da wird Holli Siegerin und "Jodelqueen". Ein großes Anliegen wäre mir, die interaktive Lesemethode als Referentin an MultplikatorInnen weitergeben zu dürfen (Kindergärten, Schulen, Bibliotheken als Ansprechpartner, auch der Buchklub), da für mich die Zeit, aktiv mit Kindern zu arbeiten, realistischerweise dem Ende entgegengeht, obwohl es mir noch so viel Spaß macht und die Ideen sprudeln. In der Erwachsenenbildung zu arbeiten, könnte ich mir auf diesem Gebiet sehr gut vorstellen.