GEWINNER // Ein NSA-Krimi

Leseprojekt

Institution
LBS Theresienfeld
ProjektleiterIn
Michaela Tscherne
Kategorie
Kategorie 2: Schulen auf der Sekundarstufe I und II
Gruppengröße
23

1. Projektbeschreibung (Ziele, Ablauf, Schwerpunkte)

Kurzbeschreibung
Die SchülerInnen haben sich im Rahmen eines Leseprojektes ein eigenes Urteil über das Buch „Wer nichts zu verbergen hat, kann dennoch alles verlieren..." von Thomas Friess gebildet. Der NSA-Krimi soll auf die Gefahren im Umgang mit elektronischen Daten und die permanente Überwachung unbescholtener Bürger durch Geheimdienste aufmerksam machen. Zunächst wurden in der Klasse 5 Lesegruppen gebildet, in denen die Aufgaben durch die SchülerInnen demokratisch aufgeteilt wurden und ein Projektplan erstellt wurde. Die SchülerInnen haben in regelmäßigen Lesezirkeln gemeinsam gelesen, über den Inhalt der einzelnen Kapitel diskutiert, Zusammenfassungen geschrieben, diese gekürzt sowie sich auf die Buchvorstellungen in anderen Klassen vorbereitet. Die kreativen LeserInnen haben darüber hinaus auch eine Fotostory gestaltet. Dafür sind sie in die Rollen der Charaktere im Roman geschlüpft. Pro Kapitel wurde eine Szene nachgestellt und mit Kommentaren auf Twitter und Facebook veröffentlicht. Je länger das Leseprojekt dauerte, desto engagierter und motivierter arbeiteten die SchülerInnen. In der letzten Schulwoche stellte jede Gruppe das Buch in einer anderen Klasse vor. Das absolute Highlight des Projektes war der Besuch des Autors an der Schule. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion beantwortete Thomas Friess ausführlich die Fragen des Publikums. Die SchülerInnen haben die Veranstaltung perfekt organisiert und den Schriftsteller professionell interviewt. Thomas Friess, der im Rahmen des Projektes auch mit den Schülerinnen und Schülern gebloggt hatte, zeigte sich begeistert vom Ergebnis des Projektes. Er hätte von einem ähnlichen Projekt an einer Polizeischule in Deutschland gehört, allerdings ohne Podiumsdiskussion.

2. Dauer/Umfang und ProjektteilnehmerInnen

Beginn des Projektes
9. November 2015
Ende des Projektes
27. Januar 2016
In welcher Frequenz lief/läuft das Projekt?
täglich
Anzahl Kinder
23
davon Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch
0
Alter
17
Schulstufen
11.
Extern eingebundene Personen
Der Buchautor Thomas Friess wurde aktiv in das Projekt eingebunden. Ich habe ihn vor Projektbeginn kontaktiert und nachgefragt, ob er an einer Podiumsdiskussion teilnehmen würde. Er stimmte sofort zu. Er hat auch im Laufe des Projektes mit den SchülerInnen gebloggt. Mein Mann kümmerte sich während der Podiumsdiskussion um die Technik (Tonanlage).
Partnerorganisation und Ansprechpartner

3. Inhaltliche Kriterien zur Projekterfüllung

Wie werden Lesekompetenz oder ihre Voraussetzungen durch das Projekt nachhaltig und messbar verbessert?
Lesen hat bei Berufsschülerinnen und Berufsschülern tendenziell einen sehr geringen Stellenwert. Da die Lesekompetenz in der Berufsausbildung jedoch eine besondere Rolle spielt, entstand die Idee der Einbeziehung lesefördernder Maßnahmen in das parallel verlaufende Projekt des kompetenzorientierten Unterrichts mit digitalen Medien. Die Idee bei der Buchauswahl war es, eine Handlung zu finden, die eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Welt der Jugendlichen, ihren Zusammenhängen und ihren Hintergründen ermöglichen sollte. Das Buch von Thomas Friess berührt die Jugendlichen unmittelbar, da sie im Umgang mit ihren persönlichen Daten im Internet teilweise sehr unvorsichtig sind. Die Thematik im Buch hat sie daher berührt und zum Nachdenken gebracht, was wiederum die Lesemotivation erhöht hat. Durch die Fotostory in den sozialen Medien und die Podiumsdiskussionen hat Lesen wieder einen höheren Stellenwert erhalten. Der Effekt ist nachhaltig: Eine Schülerin (sie absolviert eine Lehre bei einem großen Einzelhandelskonzern) hat mir am 9.3.2016 geschrieben: "Das Buch hat es bis in meine Firma geschafft, wo nächsten Monat ein Buchtipp in unserer Mitarbeiterzeitung stehen wird. Bei uns gibt es eine Mitarbeiterzeitung namens "Die Tanne" und dort habe ich dieses Monat die Möglichkeit bekommen, einen Buchtipp zu schreiben und ich nahm das Buch unseres Projektes. Dann wurden Bilder gemacht und ein kurzer Text wird veröffentlicht."
Wie geht das Projekt auf Kinder mit Leseproblemen ein?
Die SchülerInnen teilten sich in 5 Gruppen, innerhalb dieser Gruppen vereinbarten sie gemäß Vorgabe demokratisch Arbeitsteilung, protokollierten und erstellten einen Zeitplan. In jeder Gruppe sollte es eine Person geben, die das Buch zur Gänze lesen musste (= Teamleader), die restlichen Kapitel wurden innerhalb der Gruppe aufgeteilt. Dabei sollten die Gruppen Rücksicht auf schwächere MitschülerInnen nehmen und diese auch aktiv unterstützen. Eine Woche nach Projektbeginn wurden von den beiden Teamleadern die ersten 50 Seiten inkl. Personencharakteristik vorgestellt. Danach begann die Phase des Lesens. Die SchülerInnen konnten im Unterricht mehrmals pro Woche im Rahmen von Lesezirkeln eine Projektbesprechung durchführen, sich austauschen, gegenseitig unterstützen. Aus den Einzelzusammenfassungen der jeweiligen Kapitel wurde eine Gesamtzusammenfassung erstellt, wobei die Jugendlichen wieder lesen mussten, sich gegenseitig Rechtschreibfehler korrigierten und viel über den Inhalt des Buches diskutierten. Auch die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden wurde gestärkt. Sämtliche Notizen sowie die Projektdokumentationen wurden auf eine Lernplattform hochgeladen, alle Schülerinnen und Schüler hatten Zugriff und konnten sich so jederzeit über den Fertigstellungsgrad der Projektarbeit informieren. Anstelle handschriftlicher Notizen gab es ausschließlich elektronische Dokumente. Schwächere SchülerInnen wurden von stärkeren SchülerInnen unterstützt und zum Lesen motiviert
Was sind die Besonderheiten des Projektes?
Die LBS Theresienfeld ist eine lehrgangsmäßig geführte Schule, daher sind die SchülerInnen nur max. 10 Wochen im Haus. Es blieb daher nicht viel Zeit. In weniger als 9 Wochen musste das Buch gelesen, rezensiert, in anderen Klassen mit PPt-Präsentationen vorgestellt werden. Es wurden Handouts für die anderen Klassen erstellt, eine Fotostory mit über 50 Bildern auf Twitter und Facebook veröffentlicht, über das Projekt gebloggt, ein Projektplan erstellt und eine Podiumsdiskussion mit dem Autor organisiert. Das Projekt war außerdem fächerübergreifend. Die SchülerInnen haben einen ÖNORM-gerechten Brief an den Buchverlag geschrieben mit der Bitte um Veröffentlichung einer Rezension auf der Schulhomepage. Es wurden lehrplangemäß die Themen Datensicherheit und Internetrecherche durchgenommen und im Bereich des sozialen Lernens wurden soziale und personale Kompetenzen gefördert. Die SchülerInnen haben alle Werkzeuge des Projektmanagements anhand eines realen Projektes eingesetzt.
Eingesetzte Medien
Im Rahmen des Projektes erfolgten umfangreiche Internet-Recherchen über den Autor, die NSA. Es wurden Zusammenfassungen auf eine Lernplattform hochgeladen, korrigiert und erneut hochgeladen. Die SchülerInnen erstellten mit MS Word Handouts und mit MS Power Point Präsentationen. Auf einer Projekt-Blogging-Plattform wurde mit dem Autor über das Projekt gebloggt. Den größten Anklang fand die Fotostory. Die SchülerInnen erstellten ein eigenes Drehbuch, identifizierten Schlüsselszenen, die sie auf Twitter und Facebook veröffentlichten und mit Kurztexten versahen. Die Podiumsdiskussion wurde mit Fotos und Film dokumentiert. Jeder Schüler/jede Schülerin hatte bei diesem Event eine Aufgabe zugeteilt bekommen. Selbstverständlich gab es Technik: Funkmikros und Tonanlage sowie Sound-Einlagen. Aber auch das gute alte Plakat wurde verwendet.
Wie garantiert das Projekt, dass alle teilnehmenden Kinder tatsächlich viel lesen?
Ziel des Projekt war es, die Jugendlichen zum Lesen zu animieren. Zu Beginn des Projektes hielt sich die Begeisterung spürbar in Grenzen. Als die SchülerInnen allerdings begannen, die Schlüsselszenen nachzustellen und auf den sozialen Medien zu veröffentlichen, war der Damm gebrochen. Die Lesezirkel waren sehr intensiv, es wurde viel gelesen, diskutiert, besprochen. Es war beeindruckend zu sehen, wie der Enthusiasmus einiger SchülerInnen andere angesteckt hat. Es wurde außerdem eine WhatsApp-Gruppe gebildet, wo sich das Projektteam auch nach Unterrichtsende und unter Einbeziehung der Lehrkraft austauschen und unterstützen konnte. Gelesen wurde eigentlich permanent: Jeder Schüler/Jede Schülerin hat die Zusammenfassung der Mitschülerinnen gelesen und es wurde in der Gruppe gemeinsam korrigiert und erneut gelesen. Ich bin davon überzeugt, dass die Schülerinnen künftig mehr lesen werden. Sie waren sehr stolz auf ihre signierten Bücher. Durch die Veröffentlichung in einer Mitarbeiterzeitung (geht an ca. 800 MitarbeiterInnen einer großen Einzelhandelskette) werden viele andere Lehrlinge auf das Buch und das Leseprojekt aufmerksam gemacht und einige der Lehrlinge aus diesem Konzern, die gerade bei mir an der Schule sind, haben bereits angedeutet, dass sie das Buch auch lesen werden.
Wie wird das Projekt abgeschlossen und evaluiert?
Der formelle Abschluss des Leseprojektes war die Podiumsdiskussion mit dem Autor, der die Bücher der Jugendlichen signierte. Die Evaluation erfolgt in Form einer Befragung mittels standardisiertem Fragebogen an der LBS Theresienfeld. Voll standardisierte, geschlossene Fragen, bei der die Befragten aus einer Zahl von Antwortalternativen auswählen, stellen die Frageform dar. Die Antworten der SchülerInnen werden durch Ankreuzen einer der vorgegebenen Kategorien (Multiple-Choice) bzw. in der Skalierung des Grades der Zustimmung zu einer vorgegebenen Aussage gegeben. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Kommentare abzugeben. Die Auswertung findet mit einer quantitativen Analyse statt, in der die erhobenen Daten mit statistischen Methoden ausgewertet und weiterverarbeitet werden und anschließend in Form einer Power Point Präsentation zusammengefasst dargestellt werden. Darüber hinaus dokumentieren die Lehrkräfte ihre Wahrnehmungen im Projektverlauf in Form einer Reflexion. Die Auswertung der Befragung der SchülerInnen hat ergeben, dass das Interesse an Büchern durch das Projekt deutlich gestiegen ist. Die Lehrkräfte in der Klasse konnten mit zunehmender Dauer des Projektes steigende Lesemotivation erkennen.

4. Foto

Podiumsdiskussion

5. Sonstiges

Was möchten Sie uns sonst noch mitteilen?
Die Landesberufsschule Theresienfeld unterrichtet lehrgangsmäßig. D.h., dass unsere SchülerInnen je nach Lehrberuf und Schulstufe entweder 10 oder 5 Wochen im Haus unterrichtet werden. Ein Teil der SchülerInnen ist im Schülerwohnheim untergebracht. Das Alter der Lernenden ist unterschiedlich. Im vorliegenden Projekt handelt es sich um die 2. Klasse Lehrberuf Großhandelskaufmann/-frau, also die 11. Schulstufe. Die meisten SchülerInnen sind 17-18 Jahre alt, es gibt aber auch ältere Quereinsteiger. Der Unterricht erfolgt Mo-Fr zwischen 7h30 und 16h20, an einigen Samstagen auch von 7h30 - 11 h. Die Lehrlinge haben den Weg der dualen Ausbildung gewählt, da sie i.d.R. nicht gerne in die Schule gegangen sind. Lesen hat daher einen sehr geringen Stellenwert. Dennoch versuchen die Lehrkräfte an unserer Schule in allen Gegenständen die Lesekompetenz zu fördern. Es handelt sich hierbei um das zweite Leseprojekt dieser Art, in beiden Projekten konnten wir erkennen, dass den Lehrlingen durchaus mehr zugetraut werden kann. Wenn ihnen Raum und Zeit gegeben wird, wenn die ihnen vertrauten Medien eingesetzt werden und wenn das Buch eine vertiefende Auseinandersetzung mit ihrer Lebenswelt ermöglicht, dann wird ein Buch durchaus wieder interessant. In der Projektklasse waren ausnahmsweise keine Kinder mit Migrationshintergrund. Erfreulicherweise haben sich in den Klassen, die an der Podiumsdiskussion teilgenommen haben, 3 Schüler mit Migrationshintergrund freiwillig gemeldet und mitgemacht.